Zum Vernichtungs-Wunsch »hinreißen lassen«?

Zwei Männer geraten laut Lokalzeitung »derart aneinander, dass sich einer zu einer folgenreichen Bemerkung hinreißen lässt« und seinem Kontrahenten die »Vergasung« wünscht. Dennoch stellt das Amtsgericht Sonthofen das Verfahren ein.

»Nach einer anstrengenden Mountainbike-Tour wollte ein 48-Jähriger einen Sommertag im Juli 2021 mit seiner Freundin auf der Sonnenterrasse einer Berghütte im Oberallgäu ausklingen lassen. Doch dort geriet er im Streit derart mit einem anderen Mann aneinander, dass er sich jetzt vor dem Amtsgericht Sonthofen verteidigen musste.« So berichtet die Allgäuer Zeitung am Samstag unter dem Titel »Volksverhetzung auf der Sonnenterrasse« von einer Gerichtsverhandlung, die fällig wurde, nachdem der 48-Jährige Rechtsmittel gegen einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung über 12.000 Euro (150 Tagessätze) einlegte.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann demnach Volksverhetzung und Bedrohung vor. Er soll seinem Kontrahenten vor der Alphütte mit den Worten bedroht haben, dass er und alle iranischen Staatsangehörigen »vergast gehörten«. Das Opfer des verbalen Angriffs soll den Angeklagten zuvor wohl als »Hitler« und »Nazi« beschimpft haben, so die Zeitung.

»Jede gedankliche Annäherung an diese Zeiten gehört unterbunden«

Zu dem Streit zwischen den beiden Männern sei es gekommen, nachdem sich eine Familie aus dem Iran an den Tisch neben dem Oberallgäuer Paar gesetzt und dabei angeblich fast die Mountainbikes des 48-Jährigen umgeworfen hatte. Da sei es zu einem Wortgefecht und gegenseitigen Beleidigungen und Provokationen gekommen. »Er hat mich Hitler genannt«, sagte der 48-Jährige laut Zeitung vor Gericht. »Dann habe ich gesagt, wenn der Hitler noch wäre, hätte man Euch vergast«, soll der Angeklagte eingeräumt haben.

Richterin Brigitte Gramatte-Dresse habe wie die Zeitung berichtet »keinen Zweifel daran« gelassen, »dass die Worte des Angeklagten nicht hingenommen werden können«. Das Gesetz sei bei solchen Äußerungen hoch sensibel und das sei auch richtig so: »Jede gedankliche Annäherung an diese Zeiten gehört unterbunden«, so die Richterin. Dennoch stellte sie das Verfahren gegen den 48-Jährigen gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.000 Euro ein und redete, so die Zeitung, dem Oberallgäuer ins Gewissen: »Sie können nicht alles mit gleichen Mitteln zurückgeben, wenn sie beleidigt werden. Sie müssen Anzeige erstatten. Auge um Auge, Zahn um Zahn ist keine Lösung.«


(Titelbild: Auschwitz, Pablo (CC BY-SA 2.0 flickr/lordferguson))


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