In Gunzesried-Säge bei Blaichach will eine Bürgerinitiative die Unterbringung von Geflüchteten verhindern. Mindestens 700 Personen bekundeten per Unterschrift ihre Unterstützung, ebenso Bürgermeister und Gemeinderat. Zuletzt führte eine ähnliche Gemengelage in Westendorf zum Schulterschluss von Bürger*innen, Lokalpolitik, Rechtsradikalen und Querdenken-Fans.
»Das Hochtal ist ein beliebtes Ausflugsziel – aber ist es auch der richtige Ort für eine Unterkunft für Geflüchtete?« So fragt der Bayerische Rundfunk (BR) in einem Bericht über »Widerstand«, der sich in Gunzesried-Säge gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete regt.
Anlass ist die Anmietung des sogenannten Heubethof durch das Landratsamt Oberallgäu, das dort so bald wie möglich Geflüchtete unterbringen möchte. Kapazität hätte die Unterbringung für bis zu 45 Personen. Doch dagegen gebe es nun »massiven Protest«, schreibt der BR weiter. Fast 700 Unterschriften hätten die 79 Bewohner*innen der Siedlung gesammelt und wollten ein Bürgerbegehren initiieren. Das scheiterte aber aus formalen Gründen.
Unterstützung für Initiative aus Gemeinderat und Landtag
Der Blaichacher Gemeinderat musste es mangels Zuständigkeit zurückweisen, stellte sich aber einstimmig hinter die Inhalte einer Petition an den Bayerischen Landtag, so der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf Bürgermeister Christof Endreß. »Der Standort ist dafür nicht geeignet«, betont der CSU-Politiker bestimmt. Der Ort sei zwar »wunderschön«, aber abgelegen. Daher wolle man mittels der Petition klären lassen, »ob der Standort angesichts der offenen Fragestellungen zum Baurecht, Infrastruktur und Integrationsmöglichkeiten tatsächlich für sinnvoll erachtet wird und ob die Anmietung des Anwesens, auch aufgrund der zurückgehenden Asylbewerberzahlen tatsächlich notwendig ist.«
Zur Klärung ist unter anderem CSU-Kollege Joachim Konrad berufen. Der Oberallgäuer Landtagsabgeordnete gehört zum Ausschuss für Eingaben und Beschwerden im Bayerischen Landtag, der sich mit der Petition wird befassen müssen. Laut BR betont Konrad pauschal, dass es wichtig sei, Lösungen für Flüchtlingsfragen zu finden. »Aber eine Unterkunft da hinten«, wird Konrad auf BR-Anfrage konkreter, »das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür fehlt mir die Fantasie«. Bis zur Entscheidung des Petitionsausschusses werde es jedenfalls keine Unterbringung geben.
Blaupause Westendorf?
Eine ganz ähnliche Gemengelage ergab sich zuletzt bei der Bürgerinitiative Westendorf, die sich 15 Monate lang gegen den Bau einer Notunterkunft für Geflüchtete wehrte. Auch in dem Dorf im Ostallgäu ging es um die Unterbringung von gerade einmal 50 Personen in Wohncontainern. Auch hier unterstützten der Gemeinderat und beide Bürgermeister die Initiative. Nach einer Petition, einem Brandbrief, fast wöchentlichen Demonstrationen und letztlich einer Klage des Gemeinderates vor dem Verwaltungsgericht Augsburg gab das Landratsamt Anfang des Jahres dem Druck nach und stoppte das Vorhaben.
Zwar gab sich auch die Bürgerinitiative in Westendorf betont harmlos und bürgerlich. Tatsächlich aber gehörten zu den Initiator*innen und Unterstützenden nach Recherchen von Allgäu rechtsaußen auch offene Rassist*innen, Antisemit*innen, Rechtsradikale und Querdenken-Fans. Eine Blaupause für Blaichach? Auch hier leugnet etwa die Initiatorin Ute Jungmann auf Facebook den Klimawandel, teilt Inhalte der AfD und deren Feindbild »Grüne«. Hat die Petition erfolg, könnte ein weiteres Mal ein praktischer Schulterschluss mit Rechtsaußen die Unterbringung Schutzsuchender im Allgäu verhindern.
(Titelbild: Flodur63, CC BY-SA 3.0)